Das Muay Thai ist eine äußerst effektive Kampfkunst, was schon seit vielen Jahrhunderten im realen Einsatz bewiesen wird. Die genaue geschichtliche Entwicklung ist aber schwierig zu rekonstruieren, da Ayuthaya, die damalige Landeshauptstadt Siams, von Birma im Jahre 1767 eingenommen wurde, wobei zahllose Archive gebrandschatzt und Dokumente verbrannt wurden. Der nachfolgende historische Abriss gilt aber allgemein als gesichert.

Muay Thai Kämpfer

 

Die Thais lebten ursprünglich im Südwesten Chinas. Ab dem 9. Jahrhundert begannen sie sich in einzelnen Gruppen auf dem Gebiet des heutigen Nordwestthailands niederzulassen. Diese sich langsam vollziehende Landnahme dauerte bis zum 13. Jahrhundert. Dabei kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen mit benachbarten Stämmen. Bei den Kriegen wurden Waffen wie Schwerter, Lanzen und Messer eingesetzt.

Die mit diesen Waffen verbundene Kampfkunst wird übrigens unter dem Namen Krabi Krabong trainiert (mehr Informationen zum Krabi Krabong). Gingen die Waffen während der Auseinandersetzung verloren, wurde mit Hand-, Ellbogen- und Beintechniken weiter gekämpft. Es wird angenommen, dass so die Kampfkunst Muay Thai entstanden und diese im militärischen Training immer weiter perfektioniert worden ist. Aber auch in den Provinzen wurde Muay Thai trainiert, damit sich die örtlichen Gemeinschaften vor Räubern schützen konnten.

Im Jahr 1350 erfolgte die Gründung des Königreichs und der gleichnamigen Hauptstadt Ayuthaya. Die Bewohner mussten sich wiederholt dem birmanischen Streben nach Landgewinn entgegensetzen, was unter anderem durch die Effektivität der Kampfkünste Krabi Krabong und Muay Thai bis ins Jahr 1569 gelang. In diesem Jahr wurde dann aber Ayuthaya als birmanische Provinz einverleibt. Im Jahr 1592 vertrieb der thailändische Prinz Narasuen die Birmesen wieder, nachdem er deren Thronfolger in einem Zweikampf besiegte.

Es folgte eine Zeit des Wohlstandes und des Friedens. Erste Beziehungen mit dem Westen wurden geknüpft. Die thailändischen Könige waren sich der Bedeutung des Muay Thais weiterhin bewusst und ließen es am Hof intensiv studieren. Zahlreiche Stilrichtungen wurden miteinander verglichen und kombiniert, um die Effektivität dieser Kampfkunst Muay Thai zu verbessern. (Heute werden die Techniken dieser traditionellen Stilrichtungen unter dem Namen Muay Boran trainiert).

Aus dieser Zeit ist auch überliefert, dass der thailändische König Pra Chao Sua (König Tiger) diese Kampfkunst so sehr schätzte, dass er sie selbst intensiv trainierte. Um seine Fähigkeiten zu testen, reiste er verkleidet zu Dorffesten und besiegte dort in sportlichen Vergleichen die besten Athleten.

Batha Loob PakMonto Nang TakAyuthaya, eine der blühendsten Städte des Ostens, wurde 1767 von den Birmanen eingenommen und bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Es gingen nahezu alle offiziellen Archive verloren, weshalb sich vieles aus der thailändischen Geschichte und der Geschichte des Muay Thai nur ungenau wiedergeben lässt. Viele Thais wurden damals von den Birmanen versklavt. Der Legende nach fragte der birmanische König bei einer Feier am 17. März 1770 die gefangenen Thais, wer von ihnen gegen Birma kämpfen wolle. Der Thai Nai Kha Nom Tom trat an und besiegte hintereinander die zehn besten birmanischen Kämpfer. Als Auszeichnung wurde ihm von den Birmanen ein Wunsch freigestellt, woraufhin Nai Kha Nom Tom seinem Wunsch gemäß nach Thailand zurückkehrte. Der 17. März wird deshalb bis heute als Tag des Muay Thai gefeiert.

Der Unterbefehlshaber Phaya Tak (Thaksin) entfloh aus der birmanischen Gefangenschaft und begann die versprengten Truppenverbände neu zu formieren. Innerhalb kurzer Zeit hatte er die alten Gebiete zurückerobert, als neuen Regierungssitz wählte er Thonburi. Im Jahre 1781 musste Taksin von seinem Offizier Phraya Chakri abgelöst werden. Phraya Chakri bestieg dann im Jahr 1782 als Rama I. den Thron. Er verlegt die Hauptstadt und den Regierungssitz von Thonburi nach Bangkok. Die Chakri-Dynastie, welche noch heute in Thailand regiert, wurde von ihm begründet.

In der gesamten Geschichte Thailands spielt die Freiheit und Unabhängigkeit eine sehr große Rolle. Wenn auch Muay Thai seit dem 19. und 20. Jahrhundert als Verteidigungsform aufgrund der Entwicklung moderner Waffen an Bedeutung verloren hat, so kann ihm der Rang, der ihm in der geschichtlichen Entwicklung Thailand zukommt, nicht abgesprochen werden. Vielleicht ist auch das der Grund für die leidenschaftliche Begeisterung vieler Thai für diesen Sport.

Die sich über Jahrhunderte entwickelte Kampfkunst Muay Thai ist bis heute eine äußerst effektive Form, sich selbst zu verteidigen. Die Techniken, die im Training geübt werden, können direkt zur Selbstverteidigung eingesetzt werden. Die Aktiven lernen sich gegen gegnerische Angriffe zu verteidigen und zu kontern, weshalb auch viele Militärs und Polizeieinsatzkräfte Muay Thai trainieren.

Quelle: „Thai-boxen Basics“ (Delp 2001) und „Muay Thai – Traditionen, Grundlagen und Techniken des Thaiboxens“ (Delp 2004).
Bilder: Archiv Christoph Delp